Rütlischwur von Werner Witschi

Donnerstag 16. Juli 2009 im Nidwaldner Wochenblatt

In Flüelen steht seit 1965 eine imposante Eisenplastik von Werner Witschi. Elf Jahre später erschien eine Briefmarke mit dem Denkmal drauf.

Von Alphons Stadler
Mit dem Rütlischwur ist es einem modernen Bildhauer gelungen, ein populäres Werk zu schaffen, das in der Bevölkerung augenblicklich akzeptiert und geliebt wurde fast wie einstmals Kisslings Wilhelm Tell.

Wer war Werner Witschi?

Der Künstler Witschi wurde 1906 in Schönbühl bei Bern geboren und wirkte während 40 Jahren als Sekundarlehrer an seinem Wohnsitz in Bolligen und als Zeichnungslehrer am Seminar in Bern. Während zweier Jahrzehnte widmete er sich der Malerei, bis er den Weg zum Eisenplastiker fand, wo ihm vor allem die Plastik in den drei Dimensionen des Raums mit Licht und Schatten beeindruckte, deshalb nannte er sich gerne auch „Raumplastiker“.

Der Rütlischwur an der Expo

Den Durchbruch erlebte er mit seinem Rütlischwur an der Expo 64 in Lausanne. Bei der Vorbereitung der Landesausstellung kam es auf Wunsch des Bundesrates zu einem Wettbewerb, zu dem drei Bildhauer eingeladen wurden. Werner Witschi gewann mit seiner 11 Meter hohen Eisenplastik „Schwörende Hände“, die im Hof der Künste am Weg der Schweiz die Expo-Besucher beeindruckte. Alt Bundesrat Chevallaz , damals noch Stadtpräsident von Lausanne, wünschte sich nach der Expo einen kleinen, 50 cm hohen Rütlischwur, der in später auf seinem Arbeitstisch als Bundesrat in Bern begleitete.
Nach der Expo 64 bemühten sich die Urner, das Werk zu erwerben: sie versuchten die Kaufsumme, die ihre Kraft jedoch bei weitem überstieg, zusammenzubringen. In einem grossherzigen Akt eidgenössischer Verbundenheit schenkte die Stadt Lausanne die Plastik den Urnern. Die persönliche Übergabe an den Kanton Uri erfolgte an der Tellspielpremiere 1965 durch Chevallaz. Sie fand ihren überzeugenden Standort bei der Schiffstation im Flüeler Hafen, wo sie direkt am Ufer steht. Hinter ihr dehnt sich der Urnersee.

100 Jahre Bundesverfassung

1974 erschien eine 15-Rappen-Werbemarke mit dem Rütlischwur-Denkmal von Werner Witschi zum 100-jahr-Jubiläum der eidgenössischen Bundesverfassung.
Die erste Bundesverfassung stammte von 1848, ein Jahr nach dem Sonderbundkrieg. Der erste Revisionsentwurf nach 25 Jahren wurde im Parlament angenommen, aber vom Schweizer Volk verworfen. Der zweite Entwurf von 1874 wurde hingegen vom Volk und 14 ½ Ständen angenommen, obwohl Nidwalden die Vorlage mit 2235 Nein gegen 522 ja – wie schon 1848 – massiv abgelehnt hatte; übrigens in guter Gesellschaft mit Luzern, Schwyz, Obwalden, Zug, Fribourg oder Wallis.


Die abgebildete Postkarte zeigt das Rütlischwur-Denkmal in Flüelen an den Ufern des Urnersees mit der Sondermarke und dem schmucken Ersttagstempel (19.9.74) von Flüelen.


Der Brief nach Altdorf stammt von einem unbekannten Witschi-Fan und trägt zwei Witschi-Marken mit dem Taxwert von 15 Rappen, von der 13 Millionen Exemplare produziert wurden. Die beiden attraktiven Dokumente stammen aus der Sammlung eines Urner Philatelisten und Mitglieds des Philatelistenvereins Nidwalden.

Quellennachweis: Uri, die Kunst- und Kulturlandschaft am Weg zum Gotthard, von Karl Iten (1992), Werkkatalog von Werner Witschi (1984)