Er war Dichter und Staatsschreiber

Donnerstag 26. März 2009 im Nidwaldner Wochenblatt

Vor 190 Jahren wurde der grosse Schweizer Dichter geboren: Gottfried Keller.

Von Alphons Stadler

Das Leben des 1819 in Zürich geborenen Gottfried Keller stand anfänglich unter keinem guten Stern. Früh verlor er seinen Vater, früh endete auch seine Schulzeit an der Industrieschule, wo er ungerechterweise als Rädelsführer ausgeschlossen wurde.
Nach dem Tod seines Vaters zog er zu seinem Onkel nach Glattfelden, wo er zum Leidwesen seiner Mutter in die Malerei einstieg. Nach verschiedenen Etappen bei Zürcher Malern verreiste er 1840 nach München, wo er ein finanziell geplagtes Leben ohne malerischen Erfolg pflegte. Ende 1842 kehrte er als Kunstmaler gescheitert nach Zürich zurück.

Vom Maler zum Literat

1843 verspürte er einen wachsenden Drang zum Schreiben. Der Durchbruch zum anerkannten „Volksdichter“ liess allerdings auf sich warten. Als liberaler Zürcher beteiligte er sich am ersten und zweiten Freischarenzug gegen die Jesuiten in Luzern, die er auch in einem „Jesuitengedicht“ anprangerte. Im Herbst des eidgenössischen Sturmjahrs 1848 erhielt Keller dank Fürsprache von Alfred Escher und des nachmaligen Bundesrates Jakob Dubs ein Stipendium der Zürcher Regierung. Er entschied sich für die Universitätsstadt Heidelberg, wo er Vorlesungen besuchte und sich dichterisch betätigte. Nach einer unglücklichen Liebe wechselte er 1850 nach Berlin, wo mit dem ersten Wurf des „Grünen Heinrichs“ und der „Leute von Seldwyla“ seine Wandlung zum Prosaerzähler stattfand.

15 Jahre Staatsschreiber

Nach sieben Hungerjahren in Berlin trat er 1855 die Heimfahrt nach Zürich an begleitet vom guten Ruf seiner in Berlin verfassten Werke. 1861 wählte ihn die Zürcher Regierung zum Erstaunen der Oeffentlichkeit zum Ersten Staatsschreiber. 15 Jahre lang versah er dieses Amt mit grossem Pflichtbewusstsein und rigorosem Verzicht auf dichterisches Schaffen. Dass ihm die Universität Zürich 1869 zum 50. Geburtstag als Ehrendoktor auszeichnete, spricht für seine öffentliche Anerkennung.

Er wählte die Freiheit

1876 hatte er genug von seiner Beamtentätigkeit. Er quittierte seine Dienststelle. Endlich hatte er Zeit für die vielen aufgestauten Ideen. Er vollendet die „Zürcher Novellen“, die „Sinngedichte“ und brachte den „Grünen Heinrich“ in eine neue Ich-Form. Bis zu seinem letzten Werk „Martin Salander“ gab es für Keller keinen Ruhestand. 1889 feierte er seinen 70. Geburtstag im Hotel Sonnenberg in Seelisberg, wo er eine Vielzahl von Gratulationen aus aller Welt entgegennehmen konnte. Am 15. Juli 1890 starb Keller. An der Abdankung im Zürcher Fraumünster erklang sein Lied „O mein Heimatland“. Im Testament beschenkte er den Zürcher Hochschulfond, die Stadtbibliothek und eine bedeutende Geldstiftung ging an den heute noch bestehenden Winkelriedfond für Wehrmänner.

Philatelistische Raritäten

In der Reihe der Pro-Juventute-Marken erschien am 30. XI. 1940 zum 50. Todestag von Gottfried Keller eine 5-Rappen-Portraitmarke, die Karl Bickel im Walenstadterberg nach einer Radierung von Karl Stauffer gestaltet und gestochen hat. Dabei ist ihm ein Fehler unterlaufen. Am Rand der Marke (siehe Abbildung) wurde das Geburtsjahr irrtümlich mit 1818 statt 1819 angegeben. Nach dem Entdecken des Fehlers wurde die Auflage vernichtet, aber einige Exemplare sind durchgerutscht. Diese Fehldrucke gehören heute zu den grossen Pro-Juventute-Raritäten. An einer kürzlichen Auktion wurde ein Exemplar für 4250 Franken ersteigert.

Die abgebildeten beiden Briefe stammen aus Sammlungen von Nidwaldner Philatelisten. Der Brief von 1941 von Beckenried an die Nidwaldner Kantonalbank in Stans ist portogerecht mit 2 Fünfrappenmarken frankiert (Nahverkehr). Der zweite Brief stammt von einem Wehrmann des Territorial-Bat. 127 , der den portofreien Brief im zweiten Weltkrieg mit einer Soldatenmarke und unnötigerweise mit einer Kellermarke frankierte, die der Feldpöstler entgegen allen Weisungen noch stempelte.

Quellennachweis: „Auf den Spuren von Gottfried Keller“ von Walter Baumann